Paradigmenwechsel Bürgergeld: KJC-Philosophie setzt sich durch
Die Einführung des Bürgergeld-Gesetzes zum 01. Januar 2023 stellt die gravierendste Reform des deutschen Sozialstaats seit 2005 dar. Seit der Vorstellung der wesentlichen Eckpunkte des Bürgergeld-Gesetzes im Juli 2022 beschäftigen sich die hessischen Kommunalen Jobcenter (KJC) intensiv damit, wie sie die Reform umsetzen.
Einerseits bedarf es für die grundlegende Arbeitsweise und Haltung der KJC keines Umdenkens. Der Fokus auf Qualifizierungen, Integration und Beratung auf Augenhöhe entspricht von Anfang an den Anforderungen der hessischen KJC.
Andererseits müssen die KJC die Mitarbeitenden schnell auf die komplexen rechtlichen Veränderungen schulen. Im Hintergrund gilt es zahlreiche technische und organisatorische Anpassungen vorzunehmen.
Kommunale Finanzierung unzureichend
Das Bürgergeld bindet erhebliche zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen. Denn die Prognosen deuten auf eine signifikante Steigerung der Fallzahlen hin. Zur Umsetzung benötigen die KJC entsprechend mehr Personal. Bislang verwehrt der Bund die dafür notwendigen Mittel. Im Gegenteil stehen für 2023 bislang sogar erhebliche Kürzungen bei den Bundesmitteln bevor.
Zusätzlich zum Rechtskreiswechsel der geflüchteten Menschen aus der Ukraine zum 01. Juni 2022, was eine enorme Steigerung des Arbeitspensums bei Neue Wege Kreis Bergstraße -Kommunales Jobcenter- bedeutete, wurde dennoch zeitgleich damit begonnen, sich mit dem Thema Bürgergeld zu beschäftigen. Die Mitarbeitenden besuchten u.a. Seminare zur ressourcen- und zukunftsorientierten Beratungskompetenz im Fallmanagement und werden zum Jahresanfang 2023 noch in sämtlichen Änderungen geschult, welche das 12. Änderungsgesetz konkret beinhaltet.
Sowohl die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz als auch die Betriebsleitung von Neue Wege stehen dem ganzen Vorhaben „Bürgergeld“ verhalten gegenüber. „Wir bewerten es als ungünstig, dass das Ziel der vorrangigen Vermittlung in den Arbeitsmarkt nicht mehr prioritär gesehen wird“, so Stolz. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeige, wie wichtig eine möglichst schnelle Vermittlung in Arbeit sei. Eine Qualifizierung sollte sich an den tatsächlich gebotenen Erfordernissen orientieren. Weiter sei abzuwarten, wie sich wesentliche Änderungen beim Einkommen im SGB II, wesentliche Änderungen beim Vermögen im SGB II, Potenzialanalyse und Kooperationsplan, Bürgergeldbonus, Bedarfe für Unterkunft und Heizung und Regelungen zu Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse auf die Gesamtsituation auswirken werden.
Hinzu kommt, dass der Bund das Budget für die Eingliederungsleistungen reduziert. Es stehen im kommenden Jahr rund 1 Mio. Euro weniger zur Verfügung – weniger Mittel für Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit, aber auch weniger Finanzierungskapazität für die angedachte Weiterbildung und Qualifizierung der Kundinnen und Kunden. „So sehr eine Erhöhung der Leistungen zum Lebensunterhalt nachvollziehbar ist, unter anderem angesichts steigender Energiekosten – und auch wenn wir noch Verbesserungen erwarten, so sehr bedaure ich, dass uns weniger Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um Aktivierung, Weiterbildung und berufliche Eingliederung zu finanzieren“, erklärt Stolz. Hinzu käme, dass der Fachkräftemangel auch vor der Kreisverwaltung und dem Jobcenter nicht Halt mache und es immer schwieriger werde, ausreichend personelle Ressourcen für die zu bewältigenden Aufgaben zur Verfügung zu haben.
Diese Schlaglichter der Flüchtlingskrise und der nun zeitlich knapp darauffolgenden Einführung des Bürgergeldes zeigen, vor welch großen Herausforderungen der Eigenbetrieb Neue Wege derzeit steht. Diana Stolz befindet sich deshalb in engem Austausch mit den relevanten Akteuren. „Ich möchte der Betriebsleitung und allen Beschäftigten des Eigenbetriebs meine Anerkennung aussprechen und vor allem auch danken für den Einsatz, den sie für die Hilfebedürftigen und Arbeitsuchenden in unserem Kreis leisten. Wir nehmen die Arbeit, die dort geleistet wird, wahr. Vielen Dank.“
Dies unterstreicht erneut das gemeinsame Credo #Stark.Sozial.VorOrt.
Im Dezember waren im Landkreis Bergstraße 5.939 Personen arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Vormonat ist die Zahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen um 2,0 Prozent gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Arbeitslosenzahl um 1.177 Personen (+24,7 Prozent). Die Arbeitslosenquote bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen lag bei 4,0 Prozent. Im Vorjahr waren es 3,2 Prozent.
Zum Vergleich: Für Hessen insgesamt liegt die Arbeitslosenquote aktuell bei 4,9 Prozent, deutschlandweit bei 5,4 Prozent.