Erstes Fazit zum Bürgergeld fällt gemischt aus

Die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz und die Betriebsleitung des Kommunalen Jobcenters Neue Wege des Kreises Bergstraße ziehen vorläufige Bilanz

Die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz (Mitte) zog gemeinsam mit der Leiterin des Eigenbetriebes „Neue Wege – Kommunales Jobcenter“ Dr. Melanie Marysko (re.) und dem stellvertretenden Betriebsleiter Peter Schmiedel (li.) eine vorläufige Bilanz zum Bürgergeld.

Kreis Bergstraße (kb). Durch das so genannte Bürgergeld, wie die Leistungen nach dem SBG II nun heißen, haben sich auch für die  Arbeit des kommunalen Jobcenters „Neue Wege“ des Kreises Bergstraße Veränderungen ergeben. Dies auch deshalb, weil die Bundesregierung die Mittel für Eingliederungsmaßnahmen stark gekürzt hat. Hier stehen dem Kreis nun knapp 700.000 Euro weniger für das Jahr 2023 zur Verfügung, während die Zahl der Bedarfsgemeinschaften stark gestiegen ist. Dies ist für die für den Eigenbetrieb „Neue Wege Kreis Bergstraße – Kommunales Jobcenter“ zuständige Dezernentin Diana Stolz völlig unverständlich. „Auf der einen Seite will man beim Bürgergeld mehr Wert auf Qualifizierung legen, auf der anderen Seite kürzt man die Mittel dafür. Das ist widersprüchlich“, so die Erste Kreisbeigeordnete. Die erste Bilanz fällt daher auch zwiespältig aus. „Einen Teil der Neuerungen, wie die Möglichkeiten Langzeitarbeitslose an den Arbeitsmarkt heranzuführen und das Coaching begrüßen wir. Solche Maßnahmen, haben wir teils bereits seit längerem in unserem Portfolio und es ist gut, wenn diese nun überall genutzt werden“.

Andere Veränderungen sehen Stolz sowie die Leitung des Eigenbetriebes „Neue Wege“, Leiterin Dr. Melanie Marysko und der stellvertretende Leiter Peter Schmiedel, kritischer. Dazu zählt die Abschaffung des Vermittlungsvorranges. Mit Einführung des Bürgergeldes ist die Vermittlung in Arbeit nicht mehr vorrangig zu betrachten, sondern Weiterbildung und Qualifikation treten in den Mittelpunkt. „Wir vertreten die Auffassung, dass die Vermittlung weiterhin eine wichtige Rolle spielen muss, denn für eine Integration in die Gesellschaft ist das Ausüben einer beruflichen Tätigkeit von großer Bedeutung. Für viele unserer Kundinnen und Kunden kommt auch aufgrund der mitgebrachten Voraussetzung eine Qualifikation nicht in Betracht. Vielmehr geht es in diesen Fällen um die Aktivierung und die Heranführung an den Arbeitsmarkt“, so Dr. Marysko.

Die Umstellung auf das Bürgergeld bindet zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen des Kommunalen Jobcenters. Bereits der Übergang der geflüchteten Menschen aus der Ukraine in den Bürgergeldbezug hat das Arbeitspensum der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enorm erhöht. Die Fallzahlen (Anzahl der Bedarfsgemeinschaften) bei Neue Wege sind im Januar 2023 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 30 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat die Bundesregierung aber auch die Mittel für das Personal bislang nicht erhöht.

Das Kommunale Jobcenter rechnet damit, dass durch die ab 01.07. vorgesehene Erhöhung von Freibeträgen bei den unter 25-Jährigen die Motivation steigen wird, eine Ausbildung zu beginnen. Gleichzeitig rechnet man aber auch hier durch die Änderung mit einem weiteren Zuwachs an Kundinnen und Kunden. Denn durch die Erhöhung der Ausbildungsfreibeträge müssen die Auszubildenden einen deutlich kleineren Teil ihres Einkommens für ihre jeweilige Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stellen, dieser Teil wird durch das Bürgergeld aufgefangen. Dies könnte dafür sorgen, dass zusätzliche Bedarfsgemeinschaften künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben.

„Ich bin allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jobcenters sehr dankbar für ihren Einsatz für Arbeitsuchenden im Kreis. Ich habe unser Jobcenter immer als eines erlebt, dass die Menschen in den Mittelpunkt stellt und Hilfe zur Selbsthilfe gibt. Daher fand ich manche Debattenbeiträge im Vorfeld der Einführung des Bürgergeldes, in denen der Eindruck erweckt wurde, Jobcenter würden die Menschen drangsalieren, sehr befremdlich. Diese Diskussion hätte differenzierter geführt werden müssen“, so die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz. Die Möglichkeit weiter Leistungskürzungen als Sanktion in bestimmten Fällen vornehmen zu können, begrüßt die Dezernentin: „Wir haben in unserem Jobcenter schon immer einen sehr sparsamen Umgang bei der Verhängung von Sanktionen gepflegt. Das sollte nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Unsere Sanktionsquote lag zuletzt weit unter 0,5 Prozent. Trotzdem ist es für die Motivation eines kleinen Prozentsatzes der Kundinnen und Kunden wichtig, dass alleine die Möglichkeit bestehen bleibt, dieses Instrument anzuwenden.“

Im März waren im Landkreis Bergstraße 6.152 Personen arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Vormonat ist die Zahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen damit gefallen (Februar 2023: 6.185). Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Arbeitslosenzahl um 33 Prozent. Die Arbeitslosenquote bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen lag bei 4,2 Prozent. Zum Vergleich: Für Hessen insgesamt liegt die Arbeitslosenquote aktuell bei 5,2 Prozent, deutschlandweit bei 5,7 Prozent.

 

Unterstützung bei der Berufswahl: OloV sorgt für einen leichteren Übergang

Die neue Strategie in dem Berufsvermittlungs-Projekt für den Kreis Bergstraße wurde vorgestellt

Zahlreiche Menschen sind daran beteiligt, das Projekt OloV im Kreis Bergstraße mit Leben zu füllen. Karin Weißhaar und Hermann Riebel sind seitens der Kreisverwaltung die regionalen Koordinierenden.

Kreis Bergstraße (kb). Wie kann Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Übergang von der Schule in den Beruf möglichst leicht gemacht werden? Wie können sie bei der Wahl des richtigen, für sie passenden Berufs unterstützt werden? In Hessen gibt es hierfür im Rahmen des Hessischen Paktes für Ausbildung das Projekt OloV – die „Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule Beruf“.

Ziel des Projekts ist es, in regionalen Zusammenhängen – in diesem Fall dem Kreis Bergstraße – Strukturen zu stabilisieren und dauerhaft zu verankern, in denen Jugendliche beim Übergang von der Schule in den Beruf unterstützt werden. Durch Kooperation und Koordination der Ausbildungsmarkt-Akteure sollen junge Menschen schneller und individuell passender in Ausbildung vermittelt werden.

An der Umsetzung der OloV-Strategie wird im Kreis Bergstraße seit 2009 gearbeitet, sie wird zudem in regelmäßigen Abständen verbessert und angepasst. Kürzlich stellten Landrat Christian Engelhardt, die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz sowie Vertreterinnen und Vertreter der an der regionalen Steuerungsgruppe beteiligten Institutionen – Staatliches Schulamt, Agentur für Arbeit, Handwerkskammer, Industrie und Handelskammer, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände – die aktuelle regionale OloV-Strategie für den Kreis Bergstraße vor.

„Gerade im Angesicht des Fachkräftemangels, der unsere Gesellschaft noch lange beschäftigen wird, ist es wichtig, dass wir allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine hochwertige Berufsorientierung anbieten und mithelfen, dass jeweils passende Unternehmen und passende Schülerinnen und Schüler zueinander finden. Es ist notwendig, dass wir die Strategie in diesen von Umbrüchen geprägten Zeiten immer wieder anpassen. Dabei sind wir auf einem sehr guten Weg, das zeigt die hessenweit vergleichsweise sehr niedrige Arbeitslosenquote von Unter-25-Jährigen von knapp 2,5 Prozent in unserem Kreis“, sagt Landrat Christian Engelhardt. „Die Berufswahl ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben. Der Kreis Bergstraße steht jungen Menschen hierbei schon seit Jahren zur Seite. Die hessenweite OloV-Strategie ist ein wichtiger Teil dieses Engagements und ein wichtiger Baustein, damit Jugendliche eine Berufsfindungskompetenz aufbauen können“, so die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz.

Die regionale Strategie 2022-2024 für den Kreis Bergstraße beinhaltet vier Oberziele:

  • 1.         Die allgemeinbildenden Schulen in der Region gewährleisten qualitativ gute Berufs-und Studienorientierung in Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit und Dritten. Sie sensibilisieren die Schülerinnen und Schüler für ihren Berufsorientierungsprozess und vermitteln ihnen Berufswahlkompetenz. Dadurch sollen Schulabgänger und Schulabgängerinnen in die Lage versetzt werden, auf der Basis einer fundierten Einschätzung der eigenen Qualifikationen und Kompetenzen eine sachgerechte Entscheidung für die eigene Ausbildung zu treffen.
  • 2.         Alle allgemeinbildenden Schulen setzen fächerübergreifende Curricula zur Berufsorientierung um, die von den Schulgemeinden verabschiedet wurden und beim staatlichen Schulamt vorliegen. Die Curricula im gymnasialen Bildungsgang sind um die Berufs-und Studienorientierung ergänzt.
  • 3.         Junge Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf erhalten qualifizierte, individuelle Begleitung und Unterstützung im Berufsorientierungsprozess.
  • 4.         In der regionalen Öffentlichkeitsarbeit werden Chancen und Möglichkeiten des Bildungssystems und der dualen Ausbildung gezielt vermittelt. Die Gleichwertigkeit von beruflichen und akademischen Bildungsabschlüssen soll verdeutlicht werden.

In der OloV Steuerungsgruppe werden gemeinsam Zielsetzungen für den regionalen OloV-Prozess erarbeitet. Die Steuerungsgruppe entscheidet, an welchen Qualitätsstandards sie schwerpunktmäßig arbeiten will und welche Teilziele sie sich setzt. Dabei orientiert sie sich an den vorhandenen Ansätzen, Aktivitäten und Kooperationsstrukturen im Kreis Bergstraße. Seit 2017 werden die Zielsetzungen für den regionalen OloV-Prozess in einer regionalen Strategie gebündelt und vom Landrat, der Ersten Kreisbeigeordneten, den regionalen Geschäftsführenden der beteiligten Institutionen sowie den regionalen OloV Koordinatorinnen und -koordinatoren unterzeichnet.

OloV wird von allen Partnern des Hessischen Ausbildungspaktes getragen und von der Hessischen Landesregierung aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, des Hessischen Kultusministeriums und der Europäischen Union Europäischer Sozialfond gefördert.