Arbeitsmarkt: Für Langzeitarbeitslose gibt es seit fünf Jahren die „Einstiegsoffensive“

Bergstraße. “Hier fühlt man sich nicht abgestempelt. Man wird gut beraten, motiviert und wieder aufs richtige Gleis gestellt”, sagt der 32-jährige Heppenheimer. Nach zwei Monaten hat er eine Stelle als Mechaniker gefunden – mit Unterstützung der “Einstiegsoffensive” im Jobcenter in Heppenheim.

Damit ist er einer von knapp 1500?Menschen, denen bislang mit diesem Projekt der Sprung (zurück) in den ersten Arbeitsmarkt gelungen ist. Eingeführt im Februar 2008, steht bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen nicht der reine Leistungsbezug, sondern die Aktivierung der Teilnehmer im Vordergrund. Die meisten haben, wenn sie zum ersten Mal ins Jobcenter kommen, bereits ein Jahr der Arbeitslosigkeit hinter sich. Die Einstiegsoffensive soll ihnen dann dabei helfen, möglichst schnell wieder eine Stelle zu finden.

Konkret bedeutet dies: In den mit Computern und Telefonen ausgestatteten Räumen in den Jobcentern werden Stellenanzeigen gesichtet und Bewerbungen geschrieben, es wird telefoniert und recherchiert – alles mit fachkundiger Unterstützung. Sogar ein schickes Hemd fürs seriöse Bewerbungsfoto hängt bereit. Die Teilnehmer verpflichten sich dazu, sich an vier Tagen pro Woche intensiv der Jobsuche zu widmen.

Vor fünf Jahren wurde das Modell im Kreis Bergstraße eingeführt. Heute gibt es in den vier Jobcentern – in Heppenheim, Mörlenbach, Viernheim und Bürstadt – 160 Plätze; weitere 120 werden an vier externen Standorten – Bensheim, Lorsch, Lautertal und Birkenau – von verschiedenen Trägern betreut. 6375 Menschen haben bislang an dem zwei- bis dreimonatigen Projekt teilgenommen, 3378 haben es vollständig absolviert. Rund 60 Prozent davon – 2046 Personen – konnten in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.

Acht Millionen eingespart

Dies schlägt sich in konkreten Ergebnissen nieder. Seit 2008 ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften im Kreis Bergstraße um mehr als 1000, die Zahl der Langzeitarbeitslosen um mehr als 1200 zurückgegangen. Die entsprechende Arbeitslosenquote sank von 3,9 auf 2,9 Prozent. Damit liegt der Kreis heute noch deutlicher unter dem Landeswert als schon in 2008. Damals betrug der Unterschied 0,7 Prozent, heute sind es 0,92.

Was sich wenig anhört, macht auf dem Konto viel aus: Seit Einführung der Einstiegsoffensive hat der Kreis die Ausgaben für Regelleistungen und Kosten der Unterkunft um acht Millionen Euro reduziert. “Damit kann man sich sehen lassen”, meint Sozialdezernent Thomas Metz. Mit dem sogenannten Optionsmodell ist die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit Sache des Kreises. “Daher müssen wir innovativer sein als andere, weg von der klassischen Verwaltung”, so Metz. So wurde Ende 2007 die Einstiegsoffensive aus der Taufe gehoben.

In den vier Jobcentern schlägt das Modell jährlich mit insgesamt 500?000 Euro zu Buche. 15 Prozent davon trägt der Kreis, den Rest finanziert der Bund. Die vier externen Standorte werden komplett aus Bundesmitteln bezahlt.

Immerhin drei Viertel der vermittelten Personen sind heute noch in Arbeit. Zudem wird das Modell von den Teilnehmern selbst überwiegend positiv beurteilt – nicht nur von dem Mechaniker, der gestern in Heppenheim von seinen Erfahrungen berichtete, sondern auch von anderen Teilnehmern, wie eine Umfrage zeigt. 93 Prozent sind demnach mit der Einstiegsoffensive zufrieden.

Eine Bilanz nach fünf Jahren, die auch anderen nicht verborgen geblieben ist: Rund 20 Städte und Landkreise aus ganz Deutschland waren bereits an der Bergstraße zu Gast oder luden Projektleiterin Christine Herzberg-Pirih zu sich ein, um sich über das Modell zu informieren und es – teils in eigenen Varianten – zu adaptieren.

Bergsträßer Anzeiger, 22.03.2013

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