Arbeitsmarkt: Aktionstag 50Plus stellt das Potenzial erfahrener Arbeitskräfte in den Mittelpunkt

Bergstraße. Die Erfolgsquote kann sich sehen lassen: Innerhalb von drei Jahren wurden im Kreis Bergstraße 409 Menschen über 50?Jahre in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vermittelt. Dies kann auch als Erfolg des bundesweiten Programms “Perspektive 50Plus – Beschäftigungspakete für Ältere in den Regionen” gewertet werden. Der Kreis mit dem Eigenbetrieb Neue Wege nimmt daran seit 2009 teil und bietet verschiedene Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in den Jobcentern Heppenheim, Viernheim, Bürstadt und Mörlenbach und einen Workshop, speziell für ältere MigrantInnen, an.

Erster Kreisbeigeordneter Thomas Metz sprach auf dem hessenweit ersten Aktionstag 50Plus von ausbaufähigen Aktionen und einem “gewaltigen Potenzial für den Arbeitsmarkt”, auch unter dem Aspekt des prognostizierten Arbeitskräftemangels.

“Wir sind dabei, das Netzwerk für ältere Arbeitssuchende dichter zu machen und wollen dieses Signal nach außen tragen”, kündigte Metz an und präsentierte noch weitere Zahlen: Seit Beginn der Arbeitsmarktreformen (Hartz IV) im Jahr 2005 sank die Zahl der arbeitslosen Menschen im Kreis von 7000 auf 5000. Die Jugendarbeitslosigkeit ging im gleichen Zeitraum drastisch von über 1000 Betroffenen auf unter 200 zurück: “Unsere Aktivitäten haben gegriffen.”

Demografischer Wandel

Sozialdezernent Metz, Neue-Wege-Betriebsleiter Stefan Rechmann und die Projektleiterin 50Plus für den Kreis, Brigitte Wecht, hatten zum Aktionstag Arbeitgeber, Arbeitssuchende, Vertreter von Wirtschaft, Handwerk und Politik sowie Maßnahmenträger und Partner in das Wicom-Forum nach Heppenheim eingeladen. An Infoständen wurden Projekte vorgestellt.

Ziel des Programms des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist es, älteren Arbeitssuchenden eine Chance zu geben, ihren Erfahrungs- und Qualifikationsschatz in Unternehmen einzubringen.

Bundesweit sind 421 Jobcenter beteiligt. Im Kreis haben sich neun Fallmanager auf die Begleitung und Vermittlung älterer Langzeitarbeitsloser spezialisiert. “Wir müssen unseren Blick noch mehr auf die Gruppe der Über-50-Jährigen richten und uns verstärkt um diese kümmern”, sagte Metz mit Blick auf den demografischen Wandel. Häufig seien die Erfahrungen der Älteren zwar hoch, ihr Selbstbewusstsein aber niedrig.

Dr. Brian Fera, Gastgeber der Veranstaltung und Kreisvorsitzender der Mittelstandsvereinigung, rief die Arbeitgeber dazu auf, der Generation 50Plus eine reelle Chance zu geben. An die Arbeitnehmer appellierte er, “durchzuhalten und flexibel zu sein”. Der Unternehmer kritisierte, dass in seinem Unternehmen etwa 80?Prozent der über die Agentur für Arbeit vermittelten Personen erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch erscheinen. “Die Politik muss Vorbild sein”, forderte Fera. An den Gesetzgeber appellierte er, bürokratische Hürden für die Anstellung älterer Arbeitnehmer abzubauen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu lockern.

Gewohnt temperamentvoll und lautstark fiel die Impulsrede von Klaus Schlappner aus, der als Schirmherr des Pakts 50Plus gleich mehrere Hühnchen rupfte und Politiker, Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrief, endlich aktiv zu werden und Initiativen zu ergreifen.

Schlappner hielt ein flammendes Plädoyer für die Arbeit und dafür, das Thema älterer Arbeitssuchender in den Fokus zu stellen: “50Plus muss so attraktiv in den Medien positioniert werden wie die Themen Kita-Plätze und Integration”, forderte der Bibliser, der auch aus dem privaten Nähkästchen plauderte. In seinem Elektrogeschäft, das heute sein Sohn führt, “war ein 75-Jähriger meine rechte Hand”. Das ganze Getue mit dem Computer gehe ihm dagegen “auf den Zeiger”. Er habe es lieber mit jemand zu tun, mit dem er sich unterhalten könne, sagte die Trainer-Ikone. gs

Bergsträßer Anzeiger, 27.04.2012

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